Umweltschützer im Landkreis Dillingen fordern Umdenken beim Hochwasserschutz
Der Bund Naturschutz (BN), Kreisgruppe Dillingen, fordert angesichts der dramatischen Starkregenereignisse der vergangenen Wochen ein Umdenken beim Hochwasserschutz. Speicherung des Wassers in der Fläche sei der wirksamste Schutz. Kreisgruppenvorsitzende Heidi Terpoorten sagt: „In den vergangenen 100 Jahren wurden insbesondere durch eine Politik der so genannten Wasseraustreibung Flüsse und Bäche begradigt, Auen durch Deiche zurückgedrängt, Moore und Feuchtgebiete entwässert und Böden in der Landwirtschaft immer weiter verdichtet. Diese Politik rächt sich jetzt.“ Stattdessen brauche es eine Wasserspeicherung in der Fläche, also im Boden und in der Landschaft.
Dies diene nicht nur der Grundwasserneubildung, sondern sei auch der wirksamste Schutz gegen Hochwasser und ebenso gegen Dürre. Und Terpoorten fährt fort: „Nicht zuletzt brauchen wir natürlich einen wirksamen Klimaschutz, um die Extremwetterereignisse zu bremsen.“
Bund Naturschutz im Kreis Dillingen nennt ökologische Probleme
Verschiedene Faktoren hätten zu einer gefährlichen Gemengelage geführt. Durch Flurbereinigung, Entwässerung von Böden und Begradigungen sowie Kanalisierung der vielen kleinen Gewässer zu Wasser-Autobahnen werde Wasser kaum noch in der Fläche zurückgehalten. „Starkregenereignisse zeigen diese Fehler immer öfter schonungslos auf. Auch die zunehmende Versiegelung beschleunigt und erhöht den Wasserabfluss. Wir bekommen nun zunehmend die Quittung für viel zu schwachen Klimaschutz und die Wasseraustreibungspolitik der vergangenen Jahrzehnte“, sagt der BN.
Ein Problem seien auch die zunehmend verdichteten Böden in der Landwirtschaft. Anstatt in den Boden zu versickern, fließe Wasser schnell ab – es komme zu regelrechten Schlammlawinen. Gerade in Hanglagen führe Starkregen zu Abschwemmungen aus den Maisflächen, mit der Folge eines schwer entfernbaren Schlammes auf Wegen, Straßen und in den Häusern. Um Hochwasserereignissen vorzubeugen fordert der Bund Naturschutz:
- Die Drainage und die Ausleitung des Wassers aus der Fläche ist zu stoppen und rückgängig zu machen.
- Die Landwirtschaft muss wieder mit dem Boden arbeiten und den Humusanteil und das Bodenleben erhöhen. Wo falsche Landbewirtschaftung, speziell der Maisanbau, zu Schäden führt, ist die Bewirtschaftung anzupassen und sind die Kosten für Schadensbeseitigung von den Verursachern zu tragen. An Hanglagen sollte es für Landwirte selbstverständlich sein, große Ackerflächen durch Erosionsschutzstreifen zu teilen.
- Fließgewässer müssen durchgehend renaturiert werden. „Wir brauchen mehr Überschwemmungsräume – Breitwasser statt Hochwasser“, so Terpoorten.
- Waldflächen müssen als Wasserrückhaltegebiete erhalten werden.
- Die Auenrenaturierung biete ein großes Potential für präventiven dezentralen Hochwasserschutz. Dies sei besser als mehrstellige Millionenbeträge für technische Lösungen wie Polder zu verplanen.
- Moore seien als Wasserspeicher zu schützen und zu renaturieren. Dies habe hohe Synergieeffekte mit dem Klimaschutz.
- Flächen müssen entsiegelt und nicht noch weiter versiegelt werden.
Positiv sieht der BN folgende umgesetzte Maßnahmen:
- Anfang/Mitte der 80er-Jahre Beginn der Renaturierung des Dattenhauser und des Wittislinger Rieds. Die Wiedervernässung des Dattenhauser Rieds ist in Teilgebieten bereits gestartet, im Wittislinger Ried laufen noch Voruntersuchungen.
- Im Thürheimer Ried seien nach fünf Jahren schon erste Erfolge der Renaturierung sichtbar.
- Ein Vorzeigeprojekt im Landkreis Dillingen sei die Renaturierung einer Teilstrecke der Brenz.
- Mehrere kleinere ökologisch wertvolle Retentionsräume als dezentraler Hochwasserschutz wurden in den vergangenen Jahren im Einzugsgebiet des Nebelbaches realisiert. Dies sei nachahmenswert für viele Fließgewässer im Landkreis. (pm)